26.12.2012

Folgen sie der Dicken Dame unauffällig





Köln, kurz vor Ende des Jahres. Regnerisch.
Ich sitze ohne Job, ohne Bleibe und ohne Einkommen in dieser Stadt fest. 
Ich liebe und hasse sie gleichermaßen. Ich will all ihre Seiten erforschen, alles aufsaugen dass sie mir zu offerieren vermag. Doch spüre ich wie sie mir die kalte Schulter zeigt. Schonungslos wirft sie mir die Realität ins Gesicht. 
Ich frage mich ernsthaft warum ich nicht schon längst aufgegeben habe. Warum ich nicht zurück gegangen bin wo ich her kam. Es wäre viel einfacher gewesen. Ich könnte in einem bequemen Bettchen liegen und den ganzen Tag auf 9GAG surfen. Anstatt dessen hüpfe ich von Schlafplatz zu Schlafplatz in der Hoffnung endlich irgendwo eine feste Bleibe zu finden in der ich mich frei entfalten kann. Es ist dass erste mal seit langem, vielleicht sogar in meinem ganzen Leben dass ich mir etwas nicht leicht mache, nicht davon laufe und 
denke dadurch würde alles besser. Zum ersten mal beiße ich mich durch, kämpfe für dass Leben dass ich führen möchte.
Ich bin immer noch ich, mit all meinen unmöglichen Fehlern und Marroten. Ich bin immer noch jemand mit dem nicht jeder auskommt, ein schwieriger Charakter eben. Und daran will ich etwas ändern. 
Aber trotzdem bewegt sich etwas in mir, um mich herum. Ich habe die Stagnation aus meinem Alltag verbannt. Auch wenn ich bange, hoffe, fluche. Irgendwie passiert immer etwas neues, nicht immer schönes, aber es passiert endlich mal etwas. Dass habe ich all die Jahre vermisst.
Auch wenn ich weiß dass vieles davon nur dazu dient meine Situation schön zu reden. Zu einem gewissen Teil weiß ich diese Erfahrung wirklich zu schätzen. Ich will aus ihr als Sieger hervor gehen, mich nicht unterkriegen lassen und am Ende bereuen aufgegeben zu haben. Denn wenn ich dass tue, verrate ich mich selbst und die wenigen Menschen die bereit waren mich zu unterstützen. Obwohl ich diese Personen an einer Hand abzählen könnte.
Ich habe immerhin noch einen Ort zum Schlafen an dem ich nicht frieren muss. Ich weiß nicht für wie lange noch, doch ich bin dankbar dafür. Noch sitze ich nicht mit dem Pappbecher in der U-Bahn. Aber wenn man ein mal in solch eine prekäre Lage gekommen ist bemerkt man wie unsinnig, überflüssig und oberflächlich viele Dinge sind auf die man vorher so großen Wert gelegt hat. Irgendwie weiß man dann wie selbstverständlich man dass Gefühl genommen hat, den eigenen Schlüssel in den Händen zu halten, eine Wohnung mit seinen Sachen zu haben und über alles darin frei verfügen zu können. 
Der Spruch „Manchmal weiß man erst was man hatte, wenn es fort ist“ beinhaltet viel Wahrheit. 
Ein warmer Schlafplatz, eine Mahlzeit und die Gelegenheit für etwas Zerstreuung. Mehr brauche ich nicht. Und all das findet und genießt man auch im kleinen. Dann liege ich gerne in einem kaputten Bett oder auf Decken auf dem Boden. Da reicht mir die Scheibe Toast und mein Wasser. Und solange ich zeichnen, lesen und mich in meine Fantasiewelten träumen kann ist alles gut. Und selbst wenn letzteres mal nicht gehen sollte. Ich will zufrieden sein.
Denn dass was wirklich wichtig ist kann mir Niemand nehmen. Meine Integrität, meine Seele und meine Überzeugungen. Sie wandeln mit mir durch diese Stadt, verschmelzen mit mir und meinen Taten. Sie stecken in allem was ich Sage und formen meine Realität.
Und somit wird hieraus wieder was es immer sein sollte. Ein Teil von mir. Meine Schnittstelle zur Welt. 
Die Ecke meines Geistes die nur mir gehört.